Deutschland wird ungleicher: Die Schere zwischen Arm und Reich vergrößert sich seit Jahren. Doch vor Gericht, will man meinen, sind alle gleich. Das Recht ist die gerechte Ausnahme. Doch das stimmt nicht: Wirtschaftlich schlechter gestellte Menschen haben es schwerer vor unseren Gerichten.
Ronen Steinke ist Jurist und Journalist. In seinem Buch „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich” beschreibt er, wie die Justiz sich entgegen ihrer Aufgabe, die Gleichheit zu verteidigen, an der Vergrößerung von Ungleichheit beteiligt. Er erzählt im Interview von erschreckenden Missständen und einer beunruhigenden Praxis in der Justiz, die arme Menschen massiv benachteiligt.
Zu Gast im Studio: Helena Killian-Steinhaus, Gründerin von „Sanktionsfrei“. Sanktionsfrei ist ein 2015 gegründeter eingetragener Verein zur Unterstützung von Hartz-IV-Empfängern. Er bietet insbesondere Unterstützung für diejenigen, die von einer SGB-II-Sanktion betroffen sind, und setzt sich für ein Ende solcher Sanktionen ein. Des Weiteren macht der Verein Öffentlichkeitsarbeit. In bundesweiten Kampagnen thematisiert er die gesellschaftliche Situation von Erwerbslosen und kritisiert das als mangelhaft empfundene Hartz-IV-System.
Laut aktuellem Paritätischen Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland mit 16,1 Prozent (rechnerisch 13,4 Millionen Menschen) im Pandemie-Jahr 2020 einen neuen Höchststand erreicht. Auch wenn das Ausmaß der Armut nicht proportional zum Wirtschaftseinbruch und dem damit verbundenen Beschäftigungsabbau zunahm, gibt es eindeutige Corona-Verlierer: So sind es laut der Studie des Wohlfahrtsverbandes vor allem die Selbstständigen, unter denen die Einkommensarmut zugenommen hat.
Mit den Postwachstums- bzw. Degrowth-Anhängern gibt es eine Strömung aus Denkern und Aktivisten, die ein anderes Wirtschaften einfordert. Die Rede ist häufig von Überkonsum und Überflussgesellschaft. Gefordert wird eine Abkehr vom Wirtschaftswachstum, auch wird das Bruttoinlandsprodukt als Maßstab für wirtschaftlichen Erfolg kritisiert.
Im ersten „Wohlstand für Alle“ – Spezial spricht Ole Nymoen mit Christian Baron. Der gebürtige Kaiserslauterer hat es mit seinem literarischen Debüt in die Bestsellerlisten geschafft – doch aufgewachsen ist er in bitterster Armut. Was das bedeutet, wie Arme diskriminiert werden, und was er mit seinem Buch erreichen möchte, erzählt er im Interview.
Viel zu spät, aber immerhin – langsam beginnt ein Umdenken was die wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise betrifft. Plötzlich ist sogar von Verstaatlichung die Rede, die „schwarze Null“ wird zur Disposition gestellt, und es ist durchaus denkbar, dass das Virus das Ende des Neoliberalismus einläutet.
Die Einkommensungleichheit in Deutschland wächst, denn vom Anstieg der Produktivität profitieren nicht viele. Schwache Gewerkschaften, die schwindende Tarifbindung und der wachsende Niedriglohnsektor sorgen dafür, dass das so bleibt – und Frauen weniger bekommen als Männer.